... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Sonntag, 3. Februar 2013

Hier

Ich weiß nicht, wie es sonstwo ist,
aber hier auf der Erde gibt's von allem recht viel.
Hier produziert man Stühle und Wehmut,
Scheren, Geigen, Zärtlichkeit, Transistoren,
Staudämme, Scherze, Tassen. 

Vielleicht gibt's anderswo mehr von allem,
nur fehlt's wer weiß warum an Gemälden,
Bildröhren, Piroggen, Tränentüchern. 

Hier gibt's eine Unmenge Orte mit Umgebung. 
Manche gewinnt man besonders lieb, 
gibt ihnen vertraute Namen,
schützt sie vor dem Bösen.

 Vielleicht gibt's anderswo ähnliche Orte,
doch niemand findet sie schön. 

Vielleicht hat man wie nirgends oder nur selten
einen eigenen Rumpf hier
und damit das nötige Zubehör,
um fremden Kindern eigene hinzuzufügen.
Außerdem Arme, Beine und den erstaunten Kopf.

Die Unwissenheit ist überarbeitet hier, 
ständig zählt sie, vergleicht und mißt,
zieht daraus Schlüsse und Wurzeln.

Ich weiß, ich weiß, was du denkst.
Nichts ist von Dauer hier, 
weil schon ewig auf ewig die Elemente herrschen. 
Aber schau - die Elemente ermüden leicht
und müssen manchmal lange ausruhen
bis zum nächsten Mal.

Und ich weiß, was du noch denkst.
Kriege, Kriege, Kriege.
Doch auch zwischen ihnen gibt's Pausen.
Habt acht - die Menschen sind schlecht.
Rührt euch - die Menschen sind gut.
 Bei habt acht entstehen Einöden.
Bei rührt euch baut man im Schweiße des Angesichts Häuser 
und wohnt rasch in ihnen. 

Das Leben auf der Erde kommt recht billig.
Für Träume zum Beispiel zahlst du keinen Groschen. 
Für Illusionen - erst wenn sie verloren sind.
Für den Besitz des Körpers - nur mit dem Körper.

Und als sei das nicht genug,
kreist du ohne Fahrschein im Karussell der Planeten
und damit als Schwarzfahrer in den Galaxien
durch so schwindelerregende Zeiten,
daß hier auf der Erde sich nichts auch nur rührt.

Denn sieh genau hin:
der Tisch steht, wo er stand,
auf dem Tisch liegt, wie zuvor, der Zettel,
durchs angelehnte Fenster kommt nur ein Lufthauch,
und in den Wänden klafft kein schrecklicher Riß, 
durch den es dich ins Nirgendwo verwehen könnte. 

Wisława Szymborska
aus: Glückliche Liebe und andere Gedichte, Berlin 2014, Suhrkamp