... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Sonntag, 17. Juni 2012

Ich bereue nichts

Von der Frau aus die ich bin
betrachte ich manchmal die
die ich sein könnte.
Vortreffliche Frauen
ordentlich und nett
tugendhaft und sanft
wie meine Mutter mich wollte.
Ich weiß nicht warum
ich mein ganzes Leben gegen sie revoltierte.
Ich hasse ihre Bedrohung in meinem Körper
die Schuld die ihr tadelloses Leben
durch wer weiß welchen Zauber
mir einflößt.
Ich lehne mich auf gegen ihre guten Taten
ihre heimlichen Tränen nachts unter dem Kissen
wenn der Mann sie nicht sieht
die Reine ihrer Nacktheit unter der gebügelten Wäsche.
Diese Frauen
sehen mich an aus dem Innern ihrer Spiegel
heben anklagend den Finger
und manchmal gebe ich ihrem Vorwurf nach
und suche die totale Anerkennung
möchte das liebe Mädchen sein, die anständige Frau
die gute Gioconda ohne Fehl und Tadel
mit einer Eins in Betragen
verliehen von der Partei, dem Staat, den Freunden,
meiner Familie, meinen Kindern und allen übrigen Lebewesen
die unsere Erde so reich bevölkern.
Um diesen unsichtbaren Widerspruch
zwischen dem was ist und hätte sein können
habe ich viele tödliche Kämpfe gefochten
unnütze Kämpfe zwischen ihnen und mir
- sie gegen mich die ich ich selbst bin -.
Mit schmerzender Seele raufe ich mein Haar
überschreite uralte Programmierung
und zerreiße die inneren Frauen
die seit meiner Kindheit mir die Augen auskratzen
weil ich nicht in das Maß ihrer Träume passe
weil ich es wage, fehlbar zu sein, glühend,
empfindlich, eine Irre die wie ein Marktweib
sich begeistert für jede gerechte Sache
für schöne Männer und tanzende Worte
weil ich, erwachsen, die verbotene Kindheit lebte,
zur Bürozeit auf Schreibtischen liebte
geheiligte Bande zerriß
und es wagte den gesunden schwellenden Körper zu genießen
den mir die Gene aller meiner Vorfahren vermachten.
Ich gebe keinem die Schuld. Eher bin ich dankbar.
Ich bereue nichts, wie Edith Piaf es sagte.
Doch in den dunklen Brunnen in die ich versinke
an den Morgen wenn die Tränen
in die kaum offenen Augen drängen
trotz des Glücks
das ich endlich gewann
indem ich Schichten udn Ablagerungen
tertiären und quartären Gesteins durchstieß
sehe ich meine anderen Frauen versammelt im Kreis
ihre schmerzlichen Blicke

und fühle mich schuldig glücklich zu sein.
Die Geister kleiner Mädchen
tanzen im Kreis und singen ihre Ringelreihen
gegen mich
gegen diese Frau
mit allem Drum und Dran
mit Brüsten auf der Brust
und breiten Hüften
die ich, dank meiner Mutter und trotz ihr,
nun einmal bin.

Gioconda Belli

Für die starke und warme Frau, die mir das Leben schenkte.