... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Donnerstag, 11. Mai 2017

Unter einem kleinen Stern


Der Zufall möge verzeihen, daß ich für notwendig ihn halte,
die Notwendigkeit, wenn trotz allem ich irre.
Möge das Glück mir nicht zürnen, wenn ich es als meines betrachte.
Die Toten mögen vergessen, daß sie in meinem Gedächtnis nur glimmen.

Die Zeit verzeihe mir die Vielzahl pro Sekunde übersehener Welt. 
Meine alte Liebe verzeihe, daß mir die neue als erste erscheint. 
Verzeiht mir, ihr fernen Kriege, daß ich Blumen nach Hause bringe,
verzeiht, ihr offenen Wunden, daß ich in den Finger mich pike.
Verzeiht, ihr Rufer am Abgrund, das Menuett auf der Platte,
verzeiht mir, die ihr auf Bahnhöfen wartet, den Schlaf um fünf in der Früh.

Vergib mir, gehetzte Hoffnung, daß manchmal ich lache. 
Vergebt mir,Wüsten, den vergessenen Löffel mit Wasser.
Und du Habicht, der gleiche seit Jahren in den einen Käfig 
gesperrt, versunken ohne Bewegung in immer denselben Punkt,
sprich mich frei, und seiest du ausgestopftes Getier.
Der gefällte Baum, er vergebe mir die vier Tischbeine.
Die großen Fragen mögen die kleinen Antworten verzeihen.
Und du, Wahrheit, schau lieber ein wenig beiseite. 
Du, Mut, erweise mir Großmut.
Dulde, Geheimnis des Seins, daß aus einem Klagelied die Fäden ich zupfe,
nicht beschuldige mich, Seele, daß du nur selten in mir weilst. 
Alles mag mir verzeihn, daß ich nicht überall sein kann. 
Alle, daß ich bei ihm oder ihr abwesend bin.
Ich weiß, solange ich lebe, entschuldigt mich nichts,
denn ich selber stehe mir hier im Wege.
Nimm mir nicht übel, o Sprache, daß ich pathetische Wörter entlieh
und dann keine Mühe scheute, sie mühelos leicht erscheinen zu lassen.

Wisława Szymborska
aus: Wisława Szymborska, Vokabeln. Gedichte, Volk und Welt Verlag, 1979, Berlin