... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Sonntag, 27. Mai 2012

Dooi / Das Mädchen, das vom Himmel fiel


Plötzlich ist sie da.
   Sie kommt über die Eisfläche gelaufen, die gerade noch so leer und verlassen wirkte wie eine Eisfläche im späten Pleistozän, auch wenn man damals keinen Sendemast am Horizont gesehen hätte. Sie ist ganz in Schwarz gekleidet: Hose, Jacke, Schlittschuhstiefel, Handschuhe, Pudelmütze. Lange Beine, lange Schwünge, sie kommt ziemlich schnell voran, und doch scheint sie mit fast behaglicher Trägheit übers Eis zu gleiten. Wer so weit von der bewohnten Welt entfernt ist, muss schon länger unterwegs sein, aber das merkt man ihr nicht an. Es sieht aus, als drehe sie eine Runde auf der Eisbahn im Park. Ihr leicht gebogener Rücken, ihr geschmeidiger Rhythmus verraten keine Müdigkeit. Als wäre sie direkt vom Himmel gefallen.
   Nun lässt sie die Bewegung ausklingen und dreht einen Halbkreis. Sie steht still und schaut ein Weilchen auf einen Punkt in der Ferne. Eis und Himmel spiegeln sich in ihren hellen grauen Augen. Weit weg ist eine kleine Insel zu sehen, unbewohnt, nur ein paat Bäume und Sträucher drauf, und davor liegt ein Schiff im Eis, ein Zweimaster. Schwarz heben sich sein einsamer Rumpf und die kahlen Masten vom Himmel ab. Ein einzelnes Boot in dieser Verlassenheit.
   Sie stößt sich ab und läuft zurück, wie sie gekommen ist, locker, graziös, ohne Eile und doch schnell. Gerade ist das schwarze Figürchen noch auf der Eisfläche zu sehen, und dann so plötzlich verschwunden, wie es aufgetaucht war. Aufgelöst in nichts.

Rascha Peper, Das Mädchen, das vom Himmel fiel, Frankfurt am Main, 2002, Büchergilde Gutenberg