... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Freitag, 21. Dezember 2012

III


Nahe beim großen Platz mit dem Obelisken steht das Gebäude mit dem Frauenkopf über dem Eingang. Die Stadt liegt auf der anderen Seite der Insel, manchmal fährt er dorthin, um diesen Kopf zu betrachten. Er ist verschleiert, aber nicht so, wie man denken würde. In den flachen Bogen über dem Tor ist ein Rechteck ausgespart, das fast zu klein für sie ist. Der Schleier bedeckt nicht den unteren, sondern den oberen Teil ihres Gesichts. Die Nase ist grob, der Kopf weiblich und sehr rund, der kleine Mund mit den vollen Lippen halb geöffnet. Die Zunge dahinter ist nicht zu sehen, könnte jedoch jeden Moment zum Vorschein kommen und flüchtig über die Lippen lecken, das hat etwas Wollüstiges. Am merkwürdigsten sind die fehlenden Augen. Sie sind da und zugleich nicht da. Das Tuch, das bis zur Mitte der Nase herabhängt, wird von irgendeiner unerklärlichen Kraft an die Augäpfel gedrückt, die steinernen Falten laufen quer über die großen Rundungen. Er denkt, daß sie blind ist, aber gerade dieses Tuches wegen, das keine Augenbinde ist, kann er es nicht erkennen. Je länger er sie betrachtet, desto geheimnisvoller wird sie. Könnte sie sprechen, so wäre es in seiner Sprache. Jedesmal, wenn er sie allein zurückläßt, hat er das Gefühl, er habe versagt. 

Cees Nooteboom, Selbstbildnis eines Anderen, Suhrkamp Verlag, 1996, Frankfurt am Main