... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Montag, 16. Juli 2012

Schießbefehl


   "Ich fahre zum Vater, sagt er, nimmt das Motorrad, und ich denke, warum kommt er denn nicht wieder, wo der bloß bleibt, langsam werde ich unruhig, da kommen die und sagen, ich soll nach P. kommen, er hat über die Grenze gewollt, und sie haben ihn erwischt. Also bin ich mit dem nächsten Zug nach P. gefahren, er hat schon gestanden, sagen sie, und als ich mich nicht mehr beherrschen konnte und mir die Tränen kamen, haben sie gesagt, machen Sie sich keine Sorgen, gute Frau, Ihr Gerhard lebt, er hat gut gegessen und jetz schläft er. Und wenn's während der Armeezeit gewesen wäre, wär's schlimmer. Er hatte doch gerade erst seinen Facharbeiter mit Abitur gemacht, und am Montag sollte er einrücken... Und dann, am Montagnachmittag, kommen die von hier und sagen, ich soll am Dienstag nach P. kommen. Ich backe einen Kuchen, kaufe ein, und dann sagen sie mir in P., ob ich denn nichts wüßte, ob denn unsere nichts gesagt hätten, er hat sich erhängt. Mit der Unterhose. Und sie hätten ihm einen Zettel gegeben, ob er mir nicht ein paar Worte schreiben wollte, aber er hätte abgelehnt. Wie er mir das hat antun können... Und sehen darf ich ihn nicht, nur noch kurz vor der Feier, die im Gefängnis stattfindet. Aushändigen können sie mir nur die Urne."

Reiner Kunze