... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Dienstag, 8. Januar 2013

Geschwindigkeitskontrolle

Ich spreche zu schnell. Ich verschlinge
Die Mahlzeiten. Auch die Zahl
Am Tachometer ist ungesetzlich. Ich bin
Ein schlechtes Beispiel. Ich lebe gern.

Um Verzeihung bitte ich für meine Hast,
Wenn die Schwalben aufbrechen oder Freunde
Verdächtigt werden, um Vergebung
Bitte ich euch für all die Niederlagen,
Die sich mit mir zu Tisch setzen,
Für die Verzweiflung über uralte Geschichten,
Die ich in zwei Minuten aufklären möchte.

Ich selbst bin vielleicht gar nicht fähig,
Jemals anders zu denken, als ich
Denke. Vielleicht verhindert meine 
Angestrengte Anteilnahme, die über den 
Globus hetzt, jene Leichtigkeit 
Besserer Zeiten. Vielleicht.

Aber ich lebe gern. Leidenschaftlich
Paff ich Zigaretten, trinke Alkohol,
Schlafe kurz und schlecht, wie ein
Vom Jahrhundert Gejagter, der
Autobahnabfahrten verwechselt, der 
Kinder in Nächten voller Heimweh
Zeugt und vergißt, der nicht 
Danach trachtet, seine Feinde
Zu überleben. Ich bin ein schlechtes Beispiel.

Ich weiß nicht, ist dabei von Belang:
In meinen Fingern, das Morsen
Fernster Stationen, unaufhörlich  
Dieser Rhythmus, der meine Zeit
Kleinhackt in winzige Einheiten;
Oder die telepathische Sehergabe
Beim Abzählen der Sekunden, Sekunden, 
In denen ein Mensch stirbt.

Vielleicht ist das normal, und nur
Meine Unrast und irgendwas mit Europa
Ist daran schuld. Aber ich lebe gern.

Ich möchte doch erklären, warum ich,
Zappelnd in einer Geschwindigkeitsfalle,
Mehr gewußt als getan habe,tun konnte.
Warum denke ich so oft in der Einzahl?

Wie hektisch ich zum Beispiel die Zeitung
Umblättere, verrät mich eindeutig.
Selbst zur Verzweiflung lass ich mir kaum
Zeit. Ich muß noch zuviel erledigen.

Zu wenige Sekunden, in denen mein Glück
Nicht blind war oder überfüttert, bleiben mir.
Vielleicht im Frühjahr der Moment,
Wenn ich über die Bäume staune, wenn 
Die junge Katze den Füller vom Tisch wirft,
Wenn die Luft nach Regen schmeckt, wenn 
In Nicaragua die Ernte gut wird, wenn 
Ein fester Pilz die ganze Küche 
Mit seinem Geruch füllt.

Hans-Eckardt Wenzel, Antrag auf Verlängerung des Monats August, Mitteldeutscher Verlag, 1986, Halle/Leipzig