... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Mittwoch, 29. März 2017

Birken

Ich seh oft Birken, krumm nach links und rechts
quer zu den Linien grader, dunkler Bäume,
dann denk ich gern, ein Bub hat sie geschaukelt.
Doch Schaukeln biegt sie nicht bis an den Boden.
Ein Eissturm schafft's. Du hast wohl gesehen,
mit Eis bepackt, an sonnigen Wintermorgen
nach einem Regen. Sie knacken aneinander
bei frischem Wind und werden viele Farben,
wenn die Glasur durch die Bewegung bricht.
Die Sonne wärmt, sie werfen ihr Kristall
wie in Kaskaden auf den Schnee hinab - 
ein großer Haufen Scherben, dass man meint,
des Himmels Innenkuppel sei gestürzt.
Die Last zieht sie herab auf alten Farn, 
sie brechen nicht; doch wenn so lang gebückt,
dann richten sie sich nie mehr auf:
Du siehst noch jahrelang im Wald die Stämme
gebogen, mit den Blättern auf dem Boden
wie Mädchen, die auf Händen und auf Knien
ihr Haar zum Sonnentrocknen vor sich werfen.
Doch wollt ich sagen, als die Wahrheit sich
zum Thema Eissturm nüchtern eingemischt hat:
Mir wär es lieber, dass ein Bub sie bog,
als er die Kühe draußen holen ging.
Ein Bub, weit weg vom Baseball in der Stadt,
der nur zum Spielen hatte, was er fand,
das ganze Jahr beim Spiel sich selbst genug.
Des Vaters Bäume unterwarf er alle,
zwang rittlings einen nach dem andern nieder,
bis ihre Starrheit ausgetrieben war;
und alle hingen schlaff, nicht einer blieb
noch zu erobern. Alles lernte er,
was es zu lernen gab: Sich nicht zu bald
hinauszuwerfen, da der Baum dann nicht bis 
zum Boden reichte. Stets hielt er die Balance,
wenn er bis zu den höchsten Ästen stieg,
behutsam, wie man eine Tasse füllt,
bis an den Rand und dann sogar noch drüber.
Dann schwang er sich zur Seite, Füße vor,
und strampelt' durch die Luft zum Boden runter.
Auch ich war einmal so ein Birkenschaukler.
Ich träum' davon, die Zeit zurückzudrehn,
meist wenn ich müde bin vom Grübeln und 
das Leben wie ein wegeloser Wald ist,
wo das Gesicht von Spinnennetzen juckt,
die es zerriss, und wo ein Auge tränt
von einem Zweig, der es ungeschützt traf.
Ich wollt der Erde gern einmal entrinnen
und dann zu neuem Anfang wiederkehren.
Das Schicksal möge mich nicht missverstehn,
nur halb erhören und für immer schnappen.
Die Erde ist der Liebe wahrer Ort:
Ich wüsste nicht, wo man es besser fände.

Ich ginge gern von hier, nach oben kletternd
auf schwarzen Ästen am schneeweißen Stamm
gen Himmel, bis der Baum mich nicht mehr trägt,
der Wipfel neigt und mich zu Boden setzt.
Wie gut: Zu gehen und zurückzukehren.
Man könnte Schlimmeres sein als Birkenschaukler.

Robert Frost
aus: Robert Frost, "Promises to keep: Poems / Gedichte", C.H.Beck, 2011, München