... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Dienstag, 25. Oktober 2011

kopfüber

Gleichmütig lese ich erneut - und empfinde sie wie eine Inspiration, eine Befreiung - die einfachen Sätze Alberto Caeiros, die auf das verweisen, was sein kleines Dorf vermag. Von diesem Dorf aus, sagt er, könne man, da es so klein sei, mehr von der Welt sehen als von der Stadt aus, und deshalb sei sein Dorf größer als die Stadt...

"Denn ich bin so groß wie das, was ich sehe,
Und nicht so groß, wie ich bin."

Sätze wie diese, die ohne einen sie diktierenden Willen zu wachsen scheinen, reinigen mich von aller Metaphysik, die ich spontan dem Leben hinzufüge. Nachdem ich sie gelesen habe, trete ich an mein Fenster über der engen Straße, betrachte den großen Himmel und seine vielen Gestirne und bin frei mit einem beflügelnden Glanz, dessen Schwingung in meinem ganzen Körper nachbebt.

Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe, 2011, Fischer Taschenbuch Verlag

http://www.youtube.com/watch?v=VgXESE2zjDY

Mittwoch, 19. Oktober 2011

flugs

...ich träume vom flattern der bunten blätter
sehe die braunen von mir abfallen
mache mich auf die reise
auf ins neue
wo immer das auch sein mag
ich war noch nicht dort
wenn ich noch träumte
kommen und gehen und spüren
später
später ist noch zeit
für das suchen

LuJa


http://www.youtube.com/watch?v=8kLBAWutvdw&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=asCu8EZkejg


Dienstag, 11. Oktober 2011

Nacht in London

Die Hände
vor das Gesicht halten
und die Augen
nicht mehr aufmachen
nur eine Landschaft sehen
Berge und Bach
und auf der Wiese zwei Tiere
braun am hellgrünen Hang
hinauf zum dunkleren Wald

Und das gemähte Gras
zu riechen beginnen
und oben über den Fichten
in langsamen Kreisen ein Vogel
klein und schwarz
gegen das Himmelblau

Und alles
ganz still
und so schön
dass man weiß
das Leben lohnt sich
weil man glauben kann
dass es das wirklich gibt

Erich Fried

http://www.youtube.com/watch?v=2LVxuzIHgjg







Montag, 10. Oktober 2011

Dimanche

Entre les rangées d'arbres de l'avenue des Gobelins
Une statue de marbre me conduit par la main
Aujourd'hui c'est dimanche les cinémas sont pleins
Les oiseaux dans les branches regardent les humains
Et la statue m'embrasse mais personne ne nous voit
Sauf un enfant aveugle qui nous montre du doigt.

Jacques Prévert

http://www.youtube.com/watch?v=VAn5G7ktMG4


Dienstag, 4. Oktober 2011

Oktober

Es kommt der Herbst und wandelt jedes Ding,
Und was die Fülle schien und groß und klar,
Wird Abschied, wie von einem Zauberring
Berührt, der Tag, der eben noch erinnert war.

Ich sehe deinen Blick, der mich ermuntert hat,
Bei dir zu bleiben, zage Melodie,
Verwandelt, so verwandelt wie ein jedes Blatt,
Berührt von Herbst und Melancholie.

Die Wolken fliehn, als ahnten sie Gefahr.
Wir lachen herzlich, einem Abschied angemessen.
Die Hand des Herbstes streicht dir übers Haar.
Vergessen mußt du, du mußt nur vergessen.

Hans-Eckardt Wenzel,
Seit ich am Meer bin
, 2011

http://www.youtube.com/watch?v=TWFgGxe-CjI

Sonntag, 2. Oktober 2011

Für eine Straße im Westen

Du wirst mir eine fremde Unsterblichkeit geben, einsame Straße.
Schon bist du Schatten meines Lebens.
Du durchbohrst meine Nächte mit deiner sicheren Geradheit eines Degenstoßes.
Der Tod - dunkles und unbewegliches Unwetter - wird meine Stunden in die Flucht schlagen.
Jemand wird meine Schritte sammeln, wird meine Hingabe und diesen Stern usurpieren.
(Die Ferne muss wie ein weiter Wind ihren Weg mit Geißeln bahnen.)
Erhellt von nobler Einsamkeit wird er deinem Himmel ein gleiches Sehnen auferlegen.
Er wird auferlegen dieses gleiche Sehnen, das ich bin.
Ich werde wiedererstehen in seinem künftigen Erstaunen,
zu sein.
Noch einmal auf dir:
Straße, die du dich schmerzlich öffnest wie eine Wunde.





Para una calle del oeste

Me darás una ajena immortalidad, calle sola.
Eres ya sombra de mi vida.
Atraviesas mis noches con tu segura rectitud de estocada.
La muerte - tempestad oscura e inmóvil - desbandará mis horas.
LinkAlguien recogerá mis pasos y usurpará mi devoción y esa estrella.
(La lejanía como un largo viento ha de flagelar su camino.)
Aclarado de noble soledad, pondrá una misma anhelación en tu cielo.
Pondrá esa misma anhelación que yo soy.
Yo resurgiré en su venidero asombro de ser.
En ti otra vez:
Calle que dolorosamente como una herida te abres.

Jorge Luis Borges (1925)

http://www.youtube.com/watch?v=4GIAawSTisE