... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Dienstag, 28. Februar 2017

HEUTE IST SONNTAG.

Heute holten sie mich das erste Mal aus dem Bau 
ins Helle. Das erste Mal im Leben
sah ich den Himmel so weit von mir fort,
                                so blau,
                                so offen,
                                und stand verdutzt auf der Stelle.
Ich setzte mich still auf die Erde
mit dem Rücken zur Wand.
Ein Augenblick ohne Sorgen,
kein Kampf, keine Freiheit, keine Frau.
Die Erde, ich und die Sonne...
Glücklich, diesen Morgen...


Nâzım Hikmet, 1938


Montag, 27. Februar 2017

Komplimente

Eigentlich will man doch nur sagen:
Du machst das gut, mit dem Sein.
So wie du zu sein, ist besser, als nicht wie du zu sein.
Wenn mehr Menschen wie du wären, wären weniger Menschen scheiße.
Also: Vermehre dich, mache viele Kinder, am besten mit mir, zeig mir deine Brüste und ich lese darin deine Zukunft, denn, wenn die Zukunft wird wie du, dann kommen wir schon klar.

Sarah Bosetti

Wie immer: Famos-phantastisch, diese Frau!

Sonntag, 26. Februar 2017

Möblierte Melancholie [Melancholie eines Alleinstehenden]


Wenn ich allein bin, ist das Zimmer tot.
Die Bilder sehn mich an wie fremde Wesen.
Da stehn die Bücher, die ich längst gelesen,
Drei welke Nelken und das Abendbrot.


Grau ist der Abend. Meine Wirtin tobt.
Ich werde irgendwo ins Kino gehen.
- Mit Ellen konnte ich mich gut verstehen.
Doch vorigen Sonntag hat sie sich verlobt.


... Das letzte Jahr ist so vorbeigeweht.
Mitunter faßt mich eine schale Leere.
Der Doktor sagt, daß dies neurotisch wäre.
Ob das wohl andern Leuten ähnlich geht


Ich träume manchmal, daß der Flieder blüht.
(Ich kann zuweilen ziemlich kitschig träumen.)
Erwacht man morgens dann in seinen Räumen,
Spürt man erst recht, wie es von draußen zieht.


Dann pflückt man statt der blauen Blümelein
Die ewig-weißen Blätter vom Kalender
Und packt die noch zu frühen Sommerbänder
Und seine Sehnsucht leise wieder ein.


Vorm Fenster friert der nackte Baum noch immer,
Und staubgeschwärzter Schnee taut auf den Beeten.
Der Ofen raucht. Und mein möbliertes Zimmer
Schreit schon seit Herbst nach helleren Tapeten.


Mein bester Freund ist nach Stettin gezogen.
Der Vogel Jonas blieb mir auch nicht treu.
Die Winterlaube hat der Sturm verbogen.
- Nun sitz ich da und warte auf den Mai ...


Mascha Kaléko

Wunderlied


Weißt du schon wie schön das ist,

und Wolken, die sich selber ziehen
als würden sie die Lüfte fliehen
Wünsch dir was und bitte sehr
das erste Mal ein Sternenmeer
und alles, alles zeig ich dir
damit wir heute sind und hier

Deshalb brauche ich meine Arme dich zu tragen
meine Augen dich zu sehen

meine Stimme dir zu sagen
dass ein Wunder mir geschehen
und mein Herz um dir zu schlagen
meinen Weg mit dir zu gehen
meine Stimme dir zu sagen
dass ein Wunder mir geschehen

Weißt du schon wie schön das klingt
ein alter Mann der leise singt

wenn Tränen fragend runter rollen
ob sie Trauer oder Glück sein sollen
und Dunkelheit, die ganz bestimmt
verschwindet wenn ein Tag beginnt
Das alles alles wünsch ich dir
und mir, dass ich dich nie verlier

Deshalb brauche ich meine Arme dich zu tragen
meine Augen dich zu sehen

meine Stimme dir zu sagen
dass ein Wunder mir geschehen
und mein Herz um dir zu schlagen
meinen Weg mit dir zu gehen
meine Stimme dir zu sagen
dass ein Wunder mir geschehen

Gerd Baumann,
gesungen von Rosalie Eberle von Rosalie & Wanda


Samstag, 25. Februar 2017

Freitag, 24. Februar 2017

Wo ist die Liebe geblieben?


Keine verlorenen Schlüssel, sondern abhandengekommene Lebensfreude, Geduld oder Toleranz: In Zürich hat ein Fundbüro für Immaterielles eröffnet.
 
Von Laura Hertreiter

Die Geduld verloren? Verflucht noch mal, fluchen bringt nichts. Losheulen auch nichts, und vom Zusammenreißen ist sie noch nie zurückgekommen, die Geduld. Was allerdings einen Versuch wert ist: den Verlust beim Fundbüro melden. In Zürich ist das jetzt möglich, dort hat vor gut zwei Wochen ein Fundbüro für Immaterielles eröffnet. Die Mitarbeiter am Schalter beschäftigen sich nicht mit verlorenen Schlüsseln und Geldbeuteln, sondern mit abhandengekommener Liebe und Hoffnung - oder eben Geduld.
Ein junger Mann zum Beispiel meldete dort kürzlich seine Toleranz als vermisst. Einer seiner Jugendfreunde vertrete in sozialen Fragen so verquere Ansichten, dass sie ihm bei einem gemeinsamen Bierchen abhandengekommen sei, gab er am Schalter im ehemaligen Tickethäuschen am Werdmühleplatz zu Protokoll. "Dabei will ich auch Intoleranten gegenüber tolerant sein", sagte er. Ein anderer meldete den Fund einer Feedbackschlaufe des Universums. Wann immer er auf die Uhr schaue, zeige die eine Schnapszahl an. Das gebe ihm das gute Gefühl, auf Kurs zu sein.
Die Idee zu dem Fundbüro mit dem leeren Lager stammt von zwei Schweizern. Andrea Keller und Patrick Bolle finden, dass verlorene Hoffnung oft schwerer wiegt als verlorene Handschuhe. Deshalb eröffneten die Publizistin und der Kulturmanager ihr "Fundbüro 2" und besetzen es bis zum Ende des Jahres an jeweils einem Samstag im Monat. Zudem sammeln sie Verluste und Fundstücke über die Website des Projekts. "Mit der Kunstaktion wollen wir die Menschen anregen, über den Wert von Dingen nachzudenken", sagt Andrea Keller.
Insgesamt gingen innerhalb der ersten beiden Wochen etwa hundert Meldungen ein, Lustiges, Trauriges, Verstörendes, Politisches und Poetisches. Hinter den großen Themen (die Grafik zeigt den aktuellen Stand) stecken oftmals kleine Geschichten, die viel über das Leben, die Menschen und die Zeit erzählen. Da wurden Dinge gemeldet, die zwar abhandenkamen, aber sicherlich nicht vermisst werden. Ein sieben Jahre altes Mädchen schrieb, es habe die Angst vor dem Keller verloren. Eine junge Frau, sie fürchte sich endlich nicht mehr, zu dick zu sein.
Da wurden aber auch viel zu große Verluste mit viel zu kleinen Worten gemeldet. Die Liebe zur Ehefrau. Die Gesundheit. Die ungeborenen Kinder. Und da wurden Dinge vermisst, die ein anderer gefunden hat. 9,5 Prozent der Meldungen beklagten den Verlust von Zeit, 6,5 deren Fund. Er habe einen halben Tag Zeit gefunden, schreibt einer, "wenn also jemand etwas Zeit von mir braucht, einfach im Fundbüro melden. Ich kann bei einer Arbeit helfen - oder auch einfach da sein und zuhören."
Eine Frau vermisst ihre Lebensfreude. "Ich konnte in den Dingen immer etwas Schönes sehen." Nun aber sei sie launig und betrübt. Ein Mann meldete, er habe seine Lebensfreude wiedergefunden. Fundort: auf Reisen.

Die Schreiber solcher korrespondierender Meldungen vernetzt das Büro bei Bedarf miteinander. "Aber eigentlich hoffen wir, dass schon das Aufschreiben von Verlusten und Fundstücken selbst etwas bewirkt", sagt Leiterin Keller. Und manchmal findet sich Verlorenes ja irgendwann von selbst wieder. Nur Geduld.


© 

Für verlorenes und gefundenes Immaterielles: https://www.fundbuero2.ch/

Donnerstag, 23. Februar 2017

Je veux bien...

Encore toujours amoureuse d'elle...


Mittwoch, 22. Februar 2017

Anne Sila

Une fois, deux fois, mille fois: FRISSONS!!! 
Ô, la vache, que c'est magnifique et fabuleux et sublime!
Je suis éblouie!

Dienstag, 21. Februar 2017

Feathered Pocket

The one and only wonderful... 

Montag, 20. Februar 2017

RUFE NICHT


Lege den Finger auf den Mund.
Rufe nicht.
Bleibe stehen
am Wegrand.
Vielleicht solltest du dich hinlegen
in den Staub.
Dann siehst du in den Himmel
und bist eins mit der Straße,
und wer sich umdreht nach dir
kann gehen als lasse er niemand zurück.
Es geht sich leichter fort,
wenn du liegst als wenn du stehst,
wenn du schweigst als wenn du rufst.
Sieh die Wolken ziehn.
Sei bescheiden, halte nichts fest.
Sie lösen sich auf.
Auch du bist sehr leicht.
Auch du wirst nicht dauern.
Es lohnt sich nicht Angst zu haben
vor Verlassenheit,
wenn schon der Wind steigt
der die Wolke
verweht.

Hilde Domin


Sonntag, 19. Februar 2017

Auf einer Insel

Mit Purpurflügeln
streift der Sommer 
mein Herz

Ich liege auf einer Insel
die keinen Namen hat
in einem namenlosen Meer

Fischer besuchen mich 
und sprechen Gedichte 
Ich bemühe mich
sie zu erlernen

Ein Delphin bringt mir 
Grüße von Freunden
Sie laden mich ein
allein ich 
kann nicht schwimmen

Rose Ausländer


Samstag, 18. Februar 2017

Am Strande

Heute sah ich dich wieder am Strand
Schaum der Wellen dir zu Füßen trieb
Mit dem Finger grubst du in den Sand
Zeichen ein, von denen keines blieb. 

Ganz versunken warst du in dein Spiel
Mit der ewigen Vergänglichkeit,
Welle kam und Stern und Kreis zerfiel
Welle ging und du warst neu bereit.

Lachend hast du dich zu mir gewandt
Ahntest nicht den Schmerz, den ich erfuhr: 
Denn die schönste Welle zog zum Strand,
Und sie löschte deiner Füße Spur.

Marie Luise Kaschnitz


Nebenjob als Lehrer


Freitag, 17. Februar 2017

Im Aquarium der Liebe

Unsere fischigen Körper
schlängeln sich einer am anderen.
Deine Wasserhaut schwimmt im Schlaf
neben der meinen
deine Schuppen leuchten im mondigen Licht
das einfällt durch die Ritzen
Durchsichtige Wesen schweben wir
hineingeworfen in das Wasser unseres vereinten Atems.
Die Flossen unserer Arme und Beine berühren sich im Morgengrauen
im Sauerstoff und der Wärme
die aufsteigt aus den weißen Algen
mit denen wir uns schützen vor Kälte.
An irgendeinem Punkt der Strömung
finden wir uns
glänzende Fische nähern sich den offenen Augen
winden sich und beschnuppern die bebenden Kiemen.

Ich schnappe nach dem Angelhaken deines Mundes
werde wach 
und verliere die Rückenflosse
den Schwanz der Sirene.

Gioconda Belli


Donnerstag, 16. Februar 2017

Mittwoch, 15. Februar 2017

All that we share - Alles, was uns verbindet


Lasst uns näher zusammenrücken - 
scheint dieser Tage eine gute Idee zu sein.
L.

Montag, 13. Februar 2017

Alles da

Dziękuję!

Sonntag, 12. Februar 2017

Das erste Mal

Miteinander, Leute, miteinander!
Der ganze Rest ist schnuppe.

Samstag, 11. Februar 2017

Freitag, 10. Februar 2017

Ein schwarzer Pianist entmachtet den Ku Klux Klan

VON MICHAELA HAAS  FOTO: ACCIDENTAL COURTESY
Im Alleingang hat Daryl Davis den Ku Klux Klan im US-Bundesstaat Maryland zur Auflösung gebracht. Dafür genügte ihm eine simple Frage.

Der Pianist Daryl Davis
Es ist schwer, Daryl Davis nicht zu mögen. Der Schwarze mit dem breiten Grinsen und dem gemütlichen Burger-Bauch ist ein geborener Entertainer. Er hat oft mit Größen wie Muddy Waters, Chuck Berry und Little Richard gespielt. Wenn er sich ans Klavier setzt und loslegt, ist es unmöglich, sich von seinem Boogie Woogie und seinem Blues nicht mitreißen zu lassen. Sogar eingefleischte Rassisten wippen dann mit den Füßen, und so kommt es, dass Daryl Davis seine erste Bekanntschaft mit den Geheimbündlern des Ku Klux Klans macht: Bei einem Konzert mit seiner Country-Band in der »Silver Dollar Lounge« in einem Truck Stop in Maryland ist er nicht nur der einzige Schwarze auf der Bühne, sondern im ganzen Lokal. »Schwarze gehen da normalerweise nicht rein«, sagt Daryl Davis, 58. Umso überraschter ist er, als ein Mittvierziger aufspringt, ihm die Hand auf die Schulter legt und sagt, nie zuvor habe er einen Schwarzen gehört, der so gut Klavier spiele wie Rock'n'Roll-Legende Jerry Lee Lewis. »Na, was glaubst du denn, von wem Jerry das Spielen gelernt hat?« entgegnet Davis, »Natürlich von schwarzen Musikern! Ich bin mit Jerry befreundet, seit ich 13 bin.«  

Dass der Pianist sein Idol kennt, beeindruckt den Mann so sehr, dass er ihn auf einen Drink einlädt. Der neue Fan gesteht, er habe noch nie mit einem Schwarzen an einem Tisch gesessen. »Warum nicht?« fragt Davis. Seine Barbekanntschaft zieht seine Ku-Klux-Klan-Karte aus der Tasche. Davis vergeht das Lachen. »Oha, jetzt wird es Ernst«, erinnert er sich an den Moment. Die beiden tauschen trotzdem Telefonnummern aus, der Musik-Fan kommt fortan zu seinen Konzerten und bringt seine Klan-Freunde mit. 
Es ist der Beginn einer Freundschaft, die den gesamten Ku Klux Klan in Maryland erledigen wird, aber das wissen sie damals, Anfang der Achtzigerjahre, noch nicht. Davis ist als Sohn eines Botschaftsmitarbeiters auf der ganzen Welt aufgewachsen, hat in Afrika und Europa gelebt, ist auf internationale Schulen gegangen, in denen alle Nationalitäten kunterbunt vertreten waren. Was Rassismus ist, begreift er erst, als er als Zehnjähriger zurück nach Amerika zieht. Auf einer Schule in Massachusetts schließt er sich den Pfadfindern an, weil da alle seine Klassenkameraden mitmachen. Er ist der einzige schwarze Pfadfinder. Bei einer Pfadfinder-Parade darf der Zehnjährige stolz die amerikanische Flagge tragen. Bald prasseln Dosen, Steine und Flaschen auf ihn nieder, seine Lehrer bringen ihn in Sicherheit, schützen ihn mit ihren Körpern. »Wow, da gibt es einige, die Pfadfinder echt nicht mögen!« denkt er sich und wundert sich nur darüber, dass er der einzige ist, der beworfen wird. Bis ihm seine Eltern zuhause erklären, was Rassismus ist. Er versteht es nicht. »Warum sollte mich jemand hassen, der mich gar nicht kennt? Nur wegen meiner Hautfarbe? Ich dachte, meine Eltern lügen mich an!« 
Aber einige Jahre später, da ist Davis ein Zehntklässler in Maryland, wird die Bedrohung noch konkreter: Sein Klassenlehrer lädt den Chef der amerikanischen Nazi-Partei ein, Matt Koehl. Koehl deutet direkt auf Davis und sagt: »Wir schicken dich nach Afrika zurück. Und all ihr Juden geht zurück nach Israel. Wenn ihr nicht freiwillig geht, werden wir euch auslöschen.«  
Nach dieser Begegnung liest Davis alles über Rassismus, Nazis, Antisemitismus und weiße Überlegenheitstheorien, was er finden kann. Die Frage lässt ihn nicht mehr los: »Warum hasst ihr mich, obwohl ihr mich nicht kennt?«  
Davis hat zwar ein entwaffnendes sympathisches Lachen und wirkt mit seiner Leibesfülle ein wenig wie ein tapsiger Bär, aber er ist klug, belesen und unerschrocken. Er überredet seinen Freund aus der Silver-Dollar-Bar (der den Klan inzwischen verlassen hat), ihm die Nummer des »Grand Dragon«, des Klan-Chefs von Maryland, zu geben, Roger Kelly. Sein Freund rückt nach vielem Zureden die Nummer raus, aber nur unter einer Bedingung: »Triff dich auf keinen Fall mit Kelly. Er wird dich umbringen.«  
Unter dem Vorwand, ein Buch über den Klan zu schreiben, lässt Davis eine Freundin bei Kelly anrufen und bittet um ein Interview. »Sag auf keinen Fall, dass ich schwarz bin«, schärft er seiner Freundin ein. Kelly kommt mit seinem Bodyguard, der seine schwarze »Nighthawk«-Kluft und einem Revolver an der Hüfte trägt. »Kelly kommt rein und erstarrt, als er mich sieht«, erinnert sich Davis. »Aber dann setzt er sich trotzdem und ich finde heraus, dass wir mehr gemeinsam haben, als uns trennt. Wir wollen beide Drogen von der Straße kriegen, wir wollen bessere Schulen, und so weiter. Das einzige, worauf wir uns nicht einigen können, ist der Rassismus.« Aber selbst da lässt sich Davis auf eine Diskussion ein. Als Kelly sagt, schon in der Bibel stehe, Weiße und Schwarze müssten getrennt werden, holt Davis seine Bibel aus der Tasche: »Zeig mir, wo das steht.«  
Davis lädt Kelly auf seine Konzerte ein, und Kelly kommt mit seinen Klan-Freunden. Davis bringt seine eigenen Freunde mit, um Kelly in Dialoge zu verwickeln. »Ich wollte, dass er mit anderen Leuten spricht; dass er versteht, dass ich nicht der einzige bin. Ich war nicht darauf aus, mit den Klan-Leuten Freundschaft zu schließen, sondern herauszufinden: Warum hasst ihr mich, obwohl ihr mich nicht kennt?«  
Nach einigen Jahren steigt Kelly zum »Imperial Wizard« auf, zum nationalen Klan-Anführer. Davis geht auf Klan-Rallys, lässt sich mit den paramilitärischen Anführern fotografieren und macht immer klar, dass er die Ideologie des Klans ablehnt, aber nicht die Menschen. »Ich respektierte Kelly, ich respektierte nur nicht seine Ansichten.«  
Klar, dass Davis dieses Vorgehen viele Feindschaften unter Schwarzen einträgt. Er erzählt kopfschüttelnd, dass er sogar aus einer Veranstaltung von Black Lives Matter geworfen wurde, weil die Aktivisten ihn als Verräter betrachten. »Das Wichtigste, das ich gelernt habe: Wenn du  Gegner mit anderen Ansichten hast, dann gib ihnen eine Plattform. Erlaube ihnen, ihre Ansichten auszudrücken – egal, wie extrem sie sind. Und glauben sie mir, ich habe auf diesen Rallys Dinge gehört, die so extrem sind, dass sie einen bis auf die Knochen erschüttern.«  
Er fordere die Rassisten heraus, »aber nicht auf unhöfliche oder grobe Art. Man macht das höflich und klug. Wenn man die Dinge auf diese Weise angeht, stehen die Chancen gut, dass sie zuhören und dir auch eine Plattform geben. Kelly und ich haben uns über die Jahre immer wieder hingesetzt und uns ausgetauscht. Der Mörtel, der sein Weltbild betonierte, begann zu bröckeln. Dann zu zerbrechen. Und dann fiel es ganz in sich zusammen.«  
Es ist eben schwer, jemanden zu hassen, den man gut kennt. Kelly kehrt schließlich dem Ku Klux Klan den Rücken; Davis wird sogar Patenonkel seiner Tochter. »Er glaubt heute nicht mehr, was er damals gesagt hat«, erklärt Davis. Kelly gibt Davis seine Klan Roben, die Roben des Imperial Wizard. Davis freundet sich mit allen drei Klan-Führern von Maryland an, und sie alle hängen ihre Roben an den Haken, als sie den Klan verlassen, genau wie zwei Dutzend weitere Klan-Leute. »Das war das Ende des Klans in Maryland«, freut sich Davis. »Es gibt dort heute keinen KKK mehr. Immer wieder versucht mal einer, den Klan dort wiederzubeleben, aber das hält nie lange.«  
In diesen Tagen, in denen sich rassistische Übergriffe in Amerika häufen und Neonazis in Amerikas Hauptstadt mit ausgestrecktem Arm »Heil Trump« rufen, erzählt Davis seine Geschichte wieder öfter. Er hat schon vor Jahren ein Buch geschrieben, gerade erscheint ein Dokumentarfilm über ihn, und wer Englisch versteht, hört sich am besten selbst in diesem Podcast an, wie dramatisch er die Begegnungen mit dem Klan schildert.  
»Der Ku Klux Klan ist so amerikanisch wie Baseball, Apfeltorte und Chevrolet«, sagt Davis im Film. »Wir haben bisher nur Pflaster auf die Wunden des Rassismus geklebt.« Davis hat Trump zwar nicht gewählt, aber glaubt überraschenderweise, »dass Trump das Beste ist, was diesem Land passieren konnte. Er bringt die Hässlichkeit des Landes zum Vorschein.« Nun könne niemand mehr die Augen vor dem grassierenden Rassismus verschließen. 
»Ich halte an meinen Ansichten fest und respektiere ihr Recht, ihre Ansichten auszudrücken. In diesem Land haben wir das Recht zu hassen, aber wir haben nicht das Recht, andere zu verletzen.« Aber musste er sich denn gleich die schlimmsten Rassisten für seinen Selbstversuch aussuchen? Ausgerechnet die gewaltbereiten, die es genießen, Terror zu verbreiten? Die Begegnungen hätten ja auch anders ausgehen können – Davis hätte seine Dialogbereitschaft durchaus mit dem Leben bezahlen können. 
Gerade da sei der Dialog am allerwichtigsten, findet Davis. »Wenn man nur zu den Leuten predigt, die ohnehin die eigenen Ansichten teilen, was soll dann dabei heraus kommen? Ich kann mich mit anderen Menschen zusammensetzen, die keine Rassisten sind, und wir können uns darüber unterhalten, wie schlimm Rassismus ist, aber verändern tut sich dadurch nichts.« 
An dieser Stelle zieht Davis gerne seine zwei Dutzend Klan-Roben aus dem Schrank und sagt: »Schau, das habe ich gemacht, um dem Rassismus einen Denkzettel zu verpassen. Ich habe die Roben und Hauben von mehr als zwei Dutzend Menschen in meinem Schrank, die ihre Ansichten geändert haben, weil ich mich mit ihnen an einen Tisch gesetzt habe. Und, was machen Sie? Wie viele Roben haben Sie gesammelt?« Das lässt die meisten Kritiker verstummen.

Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/45368/Ein-schwarzer-Pianist-entmachtet-den-Ku-Klux-Klan vom 19. Februar 2019





Donnerstag, 9. Februar 2017

Mittwoch, 8. Februar 2017

Caught Out In The Rain


Matters of the heart

I lose my head
From time to time
I make a fool of myself
In matters of the heart

We should have been holding each other
Instead we talked
I make a fool of myself
In matters of the heart

But I asked before
Your reply was kind and polite
One wants more
When one's denied
I make a fool of myself
In matters of the heart

I won't call it love
But it feels good to have passion in my life
If there's a battle
I hope my head always defers to my heart
In matters of the heart

I guess I'm crazy to think
I can give you what you don't want
I make a fool of myself
In matters of the heart

Make myself sick
I can't think of anything else
I can't sleep at night
I make a fool of myself
In matters of the heart

I wish that I had the power
To make these feelings stop
I lose all self control
In matters of the heart

I can't believe
It's so hard to find someone
To give affection to
And from whom you can receive
I guess it's just the draw of the cards
In matters of the heart

You caught me off guard
Somehow you reached me
Where I thought I had nothing left inside
I've learned a lesson I've been edified
In matters of the heart

I've spent my nights
Where the sleeping dogs lie
Not by your side
It feels so lonely
Once again I've left to much to chance
In matters of the heart

Here I sit
I'm feeling sorry for myself
It's quite a sight
But I have you to blame
For reminding me
We're all alone in this world
In matters of the heart

I'm already missing you
Although we won't say good-byes
Until tomorrow afternoon
Maybe when and if I see you again
We'll see eye to eye
In matters of the heart

I have no harsh words for you
I have no tears to cry
If the moon were full
I'd be howling inside
It only hurts
In matters of the heart

If today were my birthday
I'd be reborn
As Bronte's bird a bird that could fly
And all accounts would be settled
In matters of the heart

Matters of the heart

Tracy Chapman



Dienstag, 7. Februar 2017

Solange es Menschen wie Kermani gibt, können wir noch hoffen...


Navid Kermanis Dankesrede anlässlich der Verleihung des Marion-Dönhoff-Preises 2016

Karen Dalton - Green green rocky road



Montag, 6. Februar 2017

Tabakblätter und Fallschirmspringer


Ain't it funny

Schade, dass man Bluegrass kaum ohne die Klammer der Patriotismus-Verankerung hören kann - 
falls doch, genießt den Song, das ist purer Old School Bluegrass!
L.

Sonntag, 5. Februar 2017

Samstag, 4. Februar 2017

Die große Fracht

Die große Fracht des Sommers ist verladen,
das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
Die große Fracht des Sommers ist verladen.

Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
und auf die Lippen der Galionsfiguren
tritt unverhüllt das Lächeln der Lemuren.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit.

Wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit,
kommt aus dem Westen der Befehl zu sinken;
doch offnen Auges wirst du im Licht ertrinken,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.

Ingeborg Bachmann


Freitag, 3. Februar 2017

[Mit dem, der mein Stern nun ist]

Mit dem Morgengrauen erwachen,
Atemlos gewürgt vom Glück,
Zum Kajütenfenster drehn
Auf die grün wandernde Welle,
Tief im Flaumpelz eingehüllt,
Die Motoren klopfen hören,
Nur an nichts und niemand denken,
Und doch bis zum Wiedersehn
Mit dem, der mein Stern nun ist,
Im salzigen Regen und im Wind
Jede Stunde jünger werden.

Anna Achmatowa



Mittwoch, 1. Februar 2017

Einen

Einen schuf er aus Stein und den andern aus Erde
Und aus funkelndem Silber mich!
Verrat ist mein Werk - und mein Name Marina;
Vergänglicher Meer-Schaum bin ich.

Einen schuf er aus Lehm - aus der Rippe
... den andern.
Ein Sarg grenzt, ein Grab ihre Welt...
Doch ich bin getauft im Taufstein des Meeres
Und im Flug unaufhörlich zerschellt!

Und keinerlei Herz fängt und keinerlei Reuse
Meinen trotzigen Eigensinn ein.
Nie werde - so sieh meine wildwirren Locken,
Das Salz der Erde ich sein.

Zerteil ich mich auch an granitenen Knien,
Mit den Wellen ich wiederersteh!
Es lebe die Gischt - das fröhliche Schäumen,
Der hohe Schaum auf der See.

Marina Zwetajewa