... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


Montag, 29. Februar 2016

Die Wundergrotte

Das von unten her durch das Wasser heraufdringende unirdische Licht verklärte - Meeresdämmerung und Paradiesesglanz zugleich - die Umrisse der Dinge zu visionärer Eindringlichkeit. Jede Welle war ein Prisma. Unter der irisierenden Flut schillerten farbig die Konturen, als sähe man sie durch ein zu stark konvex geschliffenes Glas. Sonnenspektren gaukelten, man glaubte in dieser nordlichthaften Durchsichtigkeit ins Wasser gefallene Stückchen eines Regenbogens, sich windend und verzerrend, zu erblicken. 

Victor Hugo
Fa quattro anni già... 
Grazie per il tuo tempo e per essere amico frattanto, M.,
sono felice. 
L.

Sonntag, 28. Februar 2016

Gooooooooosebumps - ich liebe diese Stimme!

Ach, wer dabei keine Gänsehaut bekommt, dann....
Viel Genuss beim Hören!
L.

Samstag, 27. Februar 2016

Ach, ein Genuss!

Auch wenn ich Glückliche mich nicht in dieser Lage befinde - 
zweimal hintereinander Gänsehaut am ganzen Körper! 
(Ja, ich bin wieder im Adele-Fieber...)
Viel Freude beim Genießen!
L.

Mittwoch, 17. Februar 2016

EINE STADT


Ich stieg ein paar Gassen hinauf bog ein- zweimal um die Ecke
lief immer der Nase nach lief und lief
                                          eine Tür tat sich auf ich trat ein
                                                  verlor mich im eigenen Innern

die Stadt kenne ich nicht
solche Häuser sah ich noch nie
einige Ameisenbauten andere leer
einige Fensterfronten andere blinde Gemäuer
ich folgte einer Straße eng krumm schmutzig verwinkelt
im Bogen führte sie mich zurück an die alte Stelle
es verschlug mich in die Mitte eines asphaltierten Boulevards
eine lange breite Allee bis zum Sonnenaufgang 
wenn es in einem Stadtviertel regnet
                                     scheint im nächsten die Sonne
                                                               im dritten der Mond

ich ging über eine Brücke 
die eine Hälfte von Lampen erleuchtet
                                       die andere finster
ich sah zwei Bäume Stamm an Stamm
an einem zittert kein Blatt
der andere krümmt sich wimmert und ächzt
in einer Stadt ähnelt nichts einander
                             ausgenommen die Menschen
die waren Zwillinge Drillinge Fünflinge Neunlinge Millionlinge
alle ängstlich
    alle Helden
        alle dumm
            alle klug
                alle Schweine 
                    alle Engel.

Nâzim Hikmet, Leipzig, 7. September 1961


Dienstag, 16. Februar 2016

Ein Leben im Handumdrehen


Ein Leben im Handumdrehen.
Eine Aufführung ohne Probe.
Ein Körper ohne Maß.
Ein Schädel ohne Bedacht.

Ich kenne die Rolle, die ich spiele, nicht.
Ich weiß nur, sie ist unauswechselbar, mein.

Wovon das Stück handelt, 
werde ich erst auf der Bühne erraten.

Dürftig gerüstet dem Leben zum Ruhm,
ertrage ich das mir aufgezwungene Tempo mit Mühe.
Ich improvisiere, obwohl ich das Improvisieren verwerfe. 
Ich stolpere auf Schritt und Tritt über die Unkenntnis.
Mein Sosein schmeckt nach Provinz.
Meine Instinkte sind Dilettantismus.
Das Lampenfieber, das mich rechtfertigt, demütigt mich um so mehr.
Die mildernden Umstände scheinen mir grausam.

Nicht rücknehmbar sind die Worte und Gesten,
die Sterne nicht zählbar,
und der Charakter, gleich einem Mantel, im Laufen zu Ende geknöpft - 
das sind die kläglichen Folgen der Eile.

Probte man wenigstens rechtzeitig einen Mittwoch,
oder man wiederholte den Donnerstag noch!
Aber schon naht der Freitag mit dem mir fremden Dialog.
Ist das in Ordnung - frag ich
(mit heiserer Stimme,
denn nicht einmal hüsteln durfte ich hinter Kulissen).

Es täuscht der Gedanke, die Bewährung sei nebensächlich,
überflüssig, in provisorischen Raum verwiesen. Nein.
Ich steh vor den Dekorationen und seh, wie solide sie sind.
Die Präzision verschiedener Requisiten fällt auf.
Der Drehmechanismus funktioniert seit geraumer Zeit.
Sogar die entferntesten Nebel sind angezündet.
Kein Zweifel, es ist die Premiere.
Und was ich auch tue, 
verwandelt sich ein für alle Male in das, was ich tat.

Wisława Szymborska



Montag, 15. Februar 2016

DAS WORT

Christy Turlington by James Houston
In der Leere verrottet das Wort
                         das nicht aus der Erde kommt
                         das nicht in die Erde dringt
                         das nicht in ihr Wurzeln schlägt

Nâzim Hikmet, 1947

Sonntag, 14. Februar 2016

Dla ciebie!


I moje serce jest przepełnione miłością dla ciebie!
Twoja L.

Samstag, 13. Februar 2016

Vom Ende der Herrschaft über die Frauen

Ein Mann begegnete einer schönen Frau und verwandelte sie in einen Esel, auf dem er fortan ritt. Der Mann begegnete einer weiteren schönen Frau und verwandelte sie einen Laib Brot und eine Flasche Wein, er war hungrig und durstig geworden und hatte noch einen langen Weg vor sich. Die dritte schöne Frau verwandelte der Mann in ein stattliches Pferd, das er einem Gastwirt verkaufte, um sich bei ihm einzumieten. Über die Jahre verschwanden noch viele schöne Frauen von der Welt und blieben unauffindbar.
    Eines Tages erreichte der Mann den Ozean und hatte Lust, mit der schönen Frau schwimmen zu gehen. Er verwandelte den Esel zurück, aber da griff die schöne Frau sofort nach einem Stein und schlug ihm damit den Schädel ein. Dann sprang sie ins Wasser und schwamm mit kräftigen Zügen aufs Meer hinaus.

Tobias Premper, aus: "Durch Bäume hindurch", Steidl Verlag, 2013, Göttingen


Montag, 8. Februar 2016

Die alten Männer auf dem Platz

Ein alter Mann sehnt sich nach einer jungen Frau und färbt sich die grauen Haare und den Bart schwarz. Er tropft sich Kräuteressenzen, die er von Reisen durch die ganze Welt mitgebracht hat, auf die Innenseite seiner Handgelenke und streicht damit seinen Hals entlang. Er kauft sich einen Anzug, der ihn wie kein anderer, den er zuvor besessen hat, schmückt. Einen zweiten, identischen Anzug legt er zusammen mit seinem Testament in den Schrank, nur für den Fall.
    Er streift durch die Straßen und Bars seines Viertels, in einer Stadt, die alles besitzt außer einer Küste und in der die Menschen alles können außer das Rauschen des Meeres. Auf einem Platz begegnet er einer Gruppe von alten Männern, die ihre Haare und Bärte ebenfalls schwarz gefärbt haben. Von ihnen geht derselbe Duft aus, und sie tragen alle neue Anzüge. Er setzt sich zu ihnen, und gemeinsam schauen sie still zurück. 

Tobias Premper, aus: "Durch Bäume hindurch", Steidl Verlag, 2013, Göttingen


Samstag, 6. Februar 2016

Fragen, die ich mir stelle


Was ist der Inhalt eines
Händedrucks oder Lächelns?
Bist du bei der Begrüßung 
niemals unzugegen,
so wie ein Mensch dem Menschen,
welcher Urteil spricht
gleich auf den ersten Blick?
Ob du ein Schicksal 
öffnest wie ein Buch,
und nichts in seiner Schrift, 
nicht in der Type
Rührung suchst?
Du drücktest dich darum
und gabst zur Antwort
- statt ehrlich zu sein - einen Scherz.
Wie kalkulierst du Verluste?
Freundschaften, unerfüllte,
Welten, in Eis geschlagene.
Weißt du, daß man die Freundschaft
mitschaffen muß, wie Liebe?
Einer hielt da nicht Schritt
bei diesem strengen Werk.
Gabs in den Fehlern der Freunde
keine Schuld von dir?
Jemand klagte, verzagte.
Wie viele Tränen trockneten,
bis du zur Hilfe kamst?
Ob du, für das Glück der Jahrtausende
mitverantwortlich,
die einzelnen Minuten,
die Tränen im Gesicht
nicht mißachtest?
Vermeidest du denn niemals
fremde Mühe?
Ein Glas stand auf dem Tisch
und keiner hats gesehen,
erst als es dann zerbrach,
im Leichtsinn umgeworfen.

Ist denn von Mensch zu Mensch
alles so selbstverständlich?

Wisława Szymborska
aus: Wisława Szymborska, Vokabeln. Gedichte, Volk und Welt Verlag, 1979, Berlin


Dienstag, 2. Februar 2016

Ein Leben lang

Ein kleiner Junge sitzt auf dem Schoß seiner Mama und fragt:
    "Wenn Papa tot ist, dauert das dann das ganze Leben?"
    "Ja", antwortet seine Mama, "das dauert das ganze Leben, mein Schatz."
Viele Jahre später - der kleine Junge ist inzwischen groß geworden und von zu Hause ausgezogen, um zu studieren - erhält seine Mutter von ihrem Jungen ein Telegramm: "Das ganze Leben muss keine Ewigkeit dauern." Die Mutter versteht es, sie versteht es ein Leben lang. 

Tobias Premper, aus: "Durch Bäume hindurch", Steidl Verlag, 2013, Göttingen


Montag, 1. Februar 2016

Der Mensch und das Meer

Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
Dein Spiegel ist's. In seiner Wellen Mauer,
Die hoch sich türmt, wogt seiner Seele Schauer,
In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft.

Du liebst es, zu versinken in dein Bild,
Mit Aug' und Armen willst du es umfassen,
Der eignen Seele Sturm verrinnen lassen
In seinen Klageschrei, unzähmbar wild.

Ihr beide seid von heimlich finstrer Art.
Wer taucht, o Mensch, in deine letzten Tiefen,
Wer kennt die Perlen, die verborgen schliefen,
Die Schätze, die das neidische Meer bewahrt?

Und doch bekämpft ihr euch ohn' Unterlass
Jahrtausende in mitleidlosem Streiten,
Denn ihr liebt Blut und Tod und Grausamkeiten,
O wilde Ringer, ewiger Bruderhass!

Charles Baudelaire