... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


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Mittwoch, 31. Januar 2018

Süchtig nach Hoffnung

Auf einmal sah sie das Meer, die Ostsee zum ersten Mal, seit sie ein Mädchen gewesen war und fortgehen musste. Die straße folgte der Küstenlinie, Moritz fuhr langsam, er schien in Gedanken zu sein, und Inger blickte aus dem Seitenfenster auf die Weite des Fehmarnbelts mit dem milchigen Himmel. Jeder war süchtig nach Hoffnung und war zugleich vor Hoffnung blind. Immer hatten sie das Gefühl, vorhanden, aber nicht anwesend zu sein. Eine Verbindung fehlte, ein Weg zur Welt, oder ein Weg zu ihr selber? Keiner wollte etwas von Unwirklichkeit wissen, niemand sie wahrhaben. Lieber wollte man weiter hoffen, worauf auch immer.
   "Ich werde sehr traurig", sagte sie.
   Und Moritz: "Frag mich mal."
   Sie konnte nicht mehr mit ihm reden. 

Mirko Bonné, Lichter als der Tag, Schöffling, 2017, Frankfurt am Main

Donnerstag, 29. November 2012

Buenos Aires

















 29. November, dem Namen nach
dunkelster Tag. In Buenos Aires
war heller Sommer, als ich vorbei
am Obelisken, die Talcahuano und
die Guido hinauf nach Recoleta ging.
Gewittriger Wind durchbrauste die Luft.
Die Kronen der großen Straßenbäume,
viele voller violetter Blüten wie Flieder,
rasselten und rauschten, und oben war
der Himmel wolkenlos blau. Ein Gewitter
würde es kaum geben, seinen Wind aber
gab es, er wirbelte Blütenduft vor mir her,
und auch das Licht: Schnell wie gedimmt
verfinsterten sich Gesichter, Fenster, und
die zerbeulten Straßenkreuzer, unterwegs
nach Recoleta, schalteten die Scheinwerfer
und die Blumenverkäufer in ihren Häuschen
unter den Bäumen die nackte Glühbirne ein.
Das Licht eines Gewitters, das abwartete,
das blendete, als ich zur Basilika kam und
das schwarze Gusseisentor des Friedhofs
im selben Moment ins Schloss fiel. Ein Park
mit Oleanderbüschen und Bänken lag davor,
Wasserverkäufer sangen »Bombon! Bombon!«,
und ein alter Herr spielte dazu auf der Gitarre
immer aufs Neue dasselbe traurig süße Lied,
dem ein Junge lauschte, der neben ihm saß
mit einem Eichhörnchen auf seiner Schulter.

Mirko Bonné,  Die Republik der Silberfische, Schöffling & Co., 2008, Frankfurt am Main