... salut de nouveau

Wieder auf Reisen.
Du fragst oft nach mir.
Ich telephonier
noch vorm Zubettgehen mit dir.


Freu mich auf den Moment,
wenn ich steh in der Tür,

und du läufst mir jauchzend entgegen.

...

Und dann öffne ich meine Arme für dich.
Ja, dann öffne ich meine Arme für dich!


Dann öffne ich meine Arme, Gerhard Schöne (1992)


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Freitag, 23. Juni 2017

Bekleidet mit Sprengstoff

Ich muß jetzt die Schminke kaufen gehen, hinter der ich mich
jeden Tag verstecke, damit niemand merkt, wie klein meine
Augen sind, wie Maus- oder Elefantenaugen. Seit einer Stunde 
will ich schon gehen, aber mein warmes Zimmer hält mich zurück, die 
Einsamkeit, die mir diesmal behagt, und die Bücher, die ich wie 
Männer über mein Bett verstreut habe, mit denen ich schlafe, in
einer Orgie aus Armen und Beinen, die mir den Verdruß am
Leben austreiben und die Brustwarzen zerkratzen, das Geschlecht
und mich füllen mit ihrem Samen aus Buchstaben, die
mich befruchten, und ich will nicht auf die Straße gehen mit
traurigem Gesicht, während ich lieber aus vollem Herzen lachte,
aus keinem anderen Grund als dem, mit Wörtern schwanger zu
sein, gegen die Konsumgesellschaft, die mich liebt mit ihren 
Schaufenstern, worin unerschwingliche Dinge liegen, die ich mit 
all meinen weiblichen Hormonen ablehne, wenn ich an die 
ausgelaugten und tristen Gesichter der Leute in der Stadt denke,
wie sie heute morgen aufgestanden sind, wie sie immer aufstehen,
und wie sie solange weiter aufstehn werden, bis wir uns endlich
Dynamit überstreifen und in die Regierungsgebäude eindringen
und in die Ministerien und in die Kasernen, ein Streichholz in
der Hand.

Gioconda Belli


Freitag, 17. Februar 2017

Im Aquarium der Liebe

Unsere fischigen Körper
schlängeln sich einer am anderen.
Deine Wasserhaut schwimmt im Schlaf
neben der meinen
deine Schuppen leuchten im mondigen Licht
das einfällt durch die Ritzen
Durchsichtige Wesen schweben wir
hineingeworfen in das Wasser unseres vereinten Atems.
Die Flossen unserer Arme und Beine berühren sich im Morgengrauen
im Sauerstoff und der Wärme
die aufsteigt aus den weißen Algen
mit denen wir uns schützen vor Kälte.
An irgendeinem Punkt der Strömung
finden wir uns
glänzende Fische nähern sich den offenen Augen
winden sich und beschnuppern die bebenden Kiemen.

Ich schnappe nach dem Angelhaken deines Mundes
werde wach 
und verliere die Rückenflosse
den Schwanz der Sirene.

Gioconda Belli


Donnerstag, 31. Januar 2013

Verscheuchen wir die Zeit, Geliebter,


damit es sie nicht mehr gibt, die langen
Minuten, die so schwer vorbeigehn,
wenn du nicht bei mir bist
und überall bist,
ohne da zu sein, aber da.
Du schmerzt mich im Leib,
streichelst meine Haut,
und bist nicht da,
und bist nahe,
ich fühle dich hervortreten
aus der Luft und mich anfüllen,
doch ich bin allein, Geliebter,
und dieses Dich-Sehen,
ohne daß du da bist,
läßt mich manchmal empfinden 
wie eine verwundete Löwin,
ich krümme mich,
drehe mich um mich selbst,
suche dich,
und du bist nicht da,
und bist doch 
dort 
so nahe.

Gioconda Belli




Montag, 28. Januar 2013

Die Begegnung


Die erste Nacht beschreiben, in der ich dich sah, du standst vor
der Glasscheibe des Hotels, die dich mit deiner grünen Jacke und
deinem ruhigen Gesicht spiegelte, du fragtest mich etwas, als ich
herauskam, und halfst mir, einen Poncho, weiß wie der Mond,
überzulegen, und dann gingen wir lange Zeit durch eine fremde
Stadt, die aber schon unsere war, weil wir zusammen waren,
schüchtern, voll von Worten, angesammelt in dem Jahr, in dem
wir uns nicht gesprochen hatten, und wir tranken einen Kaffee
und dann noch einen, und während ich einen Nußkuchen aß,
küßtest du mich, und ich blickte dich immer noch erschrocken
an, wenn ich dich neben mir sah, und danach gingen wir weiter
und nahmen ein Taxi, weil mir kalt war, und ich verriet dir, daß
ich Gedichte für dich geschrieben hatte, und wir gingen in meine
Wohnung, um sie zu lesen und uns zu küssen, wie zwei
Hungrige, ganz allein und geschützt vor der Neugier einer
ganzen Stadt voller Leute, und wir verloren uns in gierigen
Umarmungen, bis oben hin voll von Dingen, die man nicht
nennen kann, dafür sind die Worte noch nicht erfunden, und wir
berührten einander wie jemand, der zum ersten Mal das Gefühl
des Berührens erfährt, und gaben uns der Liebe hin, der Liebe,
der Liebe, bis wir einschliefen, bis wir aufwachten, und du gingst
diesen Morgen weg und liebtest mich auf andere Weise, und ich
wachte später auf und besah mich im Spiegel, um nachzusehn,
ob ich wirklich diese nackte Frau sei, der man die Küsse ansah,
mit wirrem Haar und im ganzen Körper glücklich, und lange
glaubte ich, daß es nur ein Traum gewesen sei, bis ich dein
Halstuch erblickte, das du vergessen hattest, das spiegelte sich
auch im Spiegel.

Gioconda Belli