Ich war den ganzen Tag im Wald. Jetzt bin ich müde in einen kleinen Landgasthof eingekehrt und habe mir ein Zimmer für die Nacht geben lassen. Das Bett ist schon aufgedeckt, aber ich mag noch nicht schlafen. Ich setze mich ans Fenster und lausche auf die Geräusche der Frühlingsnacht.
Schatten fließen zwischen den Bäumen hindurch, und vom Walde her kommen Rufe, als lägen dort Verwundete. Ich sehe ruhig und gefaßt in das Dunkel, denn ich fürchte die Vergangenheit nicht mehr. Ich blicke ihr in die erloschenen Augen, ohne mich abzuwenden. Ich gehe ihr sogar entgegen, ich schicke meine Gedanken zurück in die Unterstände und Trichter - aber wenn sie wiederkehren, bringen sie keine Angst und kein Entsetzen mehr mit, sondern Kraft und Willen.
Ich habe auf einen Sturm gewartet, der mich retten und fortreißen müßte; doch nun ist es leise gekommen, ohne daß ich es gefühlt habe. Aber es ist da. Während ich verzweifelte und alles verloren glaubte, wuchs es still heran. Ich glaubte, Abschied sei immer ein Ende. Heute weiß ich: Auch Wachsen ist Abschied. Auch Wachsen heißt Verlassen. Und es gibt kein Ende.
Erich Maria Remarque, Der Weg zurück, Berlin, 1988, Aufbau Verlag