Der Saal der Verlorenen Schritte.
Ich war nie in Paris. Oft genügt schon
ein einziger Pernod, ein Gläschen Calvados,
um einen Engel ohne Flügel zu treffen.
Es gibt dunkle Romanzen, die nur in Paris beginnen,
und andere enden nur dort: Verdammte Seelen,
die einander begegnen, sich wieder verlieren.
Im Saal der Verlorenen Schritte spüren sie
die Vergeblichkeit allen Sehnens.
Manche dieser Verirrten sind noch so jung,
daß man sie für en Sohn oder Neffen
ihrer mondänen Gefährtinnen hält.
Immer sehe ich sie mit den Augen der Frauen.
Egal, ob diese nur älter oder schon alt sind.
Wann & wo die Engel ihre Flügel verloren haben,
weiß der Himmel, und auch die Romane
schweigen sich aus. Es ist besser,
keinen Gedanken daran zu verschwenden.
Andere Rätsel wollen gelöst werden.
Heute sah ich dich nackt über die Gleise gehen.
Du hattest dich in der Dusche verschanzt,
gerüstet für einen Marathon. Keine Chance,
deine Ungeduld zu bezähmen.
Reich mir endlich das Shampoo!, riefst du.
Thomas Böhme, Heikles Handwerk, poetenladen, 2010, Leipzig