Wir
fanden, aber wir hielten es nicht und versagten. Es nahm unsern Kopf
in die Hände und küßte ihn. Lange war’s da. Doch immer vergeht,
was wir haben, sowie wir es haben. Es flieht, um dann wirklich zu
bleiben: als eines, das war. Bliebe es anders, verlör’s sich, sich
duckend, im Alltag. Für niedrige Türen, Geliebte, ist Liebe zu groß
und verrenkt sich, gedemütigt, rutscht, wenn wir sie schieben, auf
Knien, verbeißt sich den Stolz. Und erträgt’s nicht.
Merkten
wir nicht, was wir taten? Wie oft putzten wir Zähne gemeinsam, aßen
so sprachlos zu Abend, die Aufmerksamkeiten erlascht, wie ein Echo
ins Mehl klingt, dem schwarzen für Brot, das uns nährt, aber stumpf
macht: das Brot stumpf, das Herz stumpf. So kauen wir. Stromrechnung,
Miete, die tägliche Rücksicht, der Einkauf, beiseitegeschobne, als
würden sie schänden, Verlangen. Die Zimmer zu schmale, wir spüren
Verlust, aber schweigen ums Unheil. Denn sprächen wir’s aus, es
wär ein Verrat, denkt man, der’s weckte und herlockt. Plötzlich,
da stehn wir uns fremd da, uns selbst und als Fremde einander. Da
gingst du.
Verlust
ist des Bleibenden Anfang […]
Alban Nikolai Herbst, "Das Bleibende Thier / Bamberger Elegien", Elfenbein, 2011, Berlin